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Der harte Job, der falsche Partner, Dauerstress – wenn die Psyche unter Anspannung steht, kann sich daraus chronischer Kopfschmerz entwickeln. Die Betroffenen müssen lernen, zur Ruhe zu kommen

Beim Aufwachen ist alles noch in schönster Ordnung. Der Schmerz kommt erst im Lauf des Tages. Dumpf. Drückend. Er breitet sich vom Nacken über den Kopf aus und wird immer stärker. Bis er abends schließlich schier unerträglich ist. Mit chronischen Spannungskopfschmerzen müssen sich zwei Millionen Menschen in Deutschland herumschlagen.

Psychodruck irritiert die Schmerzregulierung
Kopfschmerzen vom Spannungstyp treten meist beidseitig auf. Sind sie erst chronisch, martern sie die Betroffenen täglich oder fast täglich. Symptome wie Übelkeit, Schwindel, Lärm- und Lichtempfindlichkeit sind eher selten. Treten Kopfschmerzen unvermittelt über längere Zeit auf, kann auch ein erhöhter Blutdruck als Auslöser dahinter stecken. Nicht so beim Spannungskopfschmerz.

Äußere und innere Faktoren wirken zusammen
Wie der Spannungskopfschmerz entsteht, ist noch nicht ausreichend geklärt. Die Forscher nehmen an, dass äußere Faktoren (zum Beispiel Stress, emotionale Probleme, Angst) und innere, biochemische Faktoren beteiligt sind. “Diese Faktoren verändern den schmerz- kontrollierenden Teil des Nervensystems und führen zu lokalen Störungen, wie zum Beispiel einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit der Kopf- und Nackenmuskulatur. Beides steht in Wechselbeziehung zueinander”, erläutert Diplom-Psychologe Günther Fritsche von der Kopfschmerz-Ambulanz der Neurologischen Universitätsklinik Essen.
“Durch Verspannung der Muskulatur kann ein Sauerstoffunterversorgungs-Schmerz in der Kopf- und Nackenmuskulatur entstehen. Bei Anspannung werden die Blutgefäße komprimiert, und es fließt weniger Blut. Wo weniger Blut ist, ist auch weniger Sauerstoff. Und dann tut es weh”, sagt Fritsche. Doch spielen verspannte Schultern und ein verkrampfter Nacken weniger als Auslöser, sondern eher als indirekte Folge von Spannungskopfschmerzen eine Rolle. “Die eigentliche Ursache ist, dass sich die Schmerzschwelle im Nervensystem verstellt”, erklärt Fritsche. Dieses Geschehen kommt durch die Daueraktivierung bestimmter Signalüberträger im Gehirn in Gang. Muskelschmerzen können dann eine Folge dieser Überreizung sein.

Dauerstress macht schmerzempfindlicher
Und was setzt das Nervensystem in Daueralarm? “Patienten mit Spannungskopfschmerz zeigen häufig eine ungünstige Lebensführung mit überzogener Tagesstrukturierung und Termindruck, eine Neigung zur Selbstüberforderung sowie mangelnde Strategien zur Bewältigung von Alltagsbelastungen. Besonders auffällig sind die überzogenen Leistungsansprüche an die eigene Person”, heißt es auf der Homepage der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (http://www. dmkg.de). Spannungskopfschmerzen werden also nicht – wie häufig angenommen – durch akuten Stress, sondern durch Dauerstress und einen ungünstigen Lebensstil ausgelöst. “Akuter Stress ist etwas Kurzfristiges, das schnell mal hochknallt – wie Zoff mit dem Chef oder dem Partner –, sich dann aber auch wieder beruhigt”, weiß Fritsche. “Was Menschen mit Spannungskopfschmerzen auszeichnet, sind Hintergrundprobleme, die oft monate- und jahrelang an ihnen nagen. Deshalb können diese Patienten nie richtig entspannen, nie richtig zur Ruhe kommen.”

Therapie: Entspannung, Antidepressiva und Sport
Mit Entspannungstraining lernen die Patienten der Essener Kopfschmerz-Ambulanz, diese Fähigkeit wieder zu aktivieren. Bewährt ist dabei die progressive Muskelrelaxation (PMR), auch Muskelentspannungstraining nach Jacobson genannt. Die PMR ist eine Reise durch den Körper, bei der nacheinander verschiedene Körperpartien (Hände, Arme, Stirn, Gesicht, Nacken, Bauch, Rücken, Beine, Füße) kurz angespannt und dann wieder gelockert werden. Diese bewusste Entspannung der Muskulatur wirkt auf die Psyche zurück. Informationen über PMR-Kurse gibt es zum Beispiel bei den Krankenkassen. In hartnäckigen Fällen kommen die Betroffenen um eine Änderung ihres Lebensstils nicht herum. In Stressbewältigungstrainings unter Anleitung eines Psychotherapeuten sollen die Patienten ihre individuellen Belastungsfaktoren erkennen und nach Möglichkeit umgehen oder ausschalten. “Wenn der Kopfschmerz hoch chronifiziert ist, ziehen sich viele Patienten aus dem sozialen Leben zurück. Sie brauchen eine Verhaltenstherapie dann auch deshalb, um sich wieder am Leben beteiligen zu können, um sich körperlich und sozial zu remobilisieren”, weiß Fritsche.

Strategie: die Schmerzschwelle anheben
Bei akuten Attacken helfen Schmerzmittel. Ist der Schmerz chronisch, verordnen die Experten vorbeugend das Antidepressivum Amitriptylin. “Wir setzen es nicht in der antidepressiven Dosierung ein, sondern in geringeren Dosen, um die Schmerzschwelle zu stabilisieren”, erklärt Fritsche. Amitriptylin und verwandte Substanzen schrauben die Schmerzschwelle nach oben, indem sie Rezeptorverstellungen ausgleichen. Einen ähnlichen Effekt hat auch Bewegung: “Ausdauersport kurbelt die Produktion von Endorphinen an, wodurch die körpereigene Schmerzabwehr stabilisiert wird.” Endorphine sind Hormone, welche die Stimmung positiv beeinflussen. Aus diesem Grund rät der Experte Betroffenen, zwei- bis dreimal pro Woche mindestens eine halbe Stunde lang Rad zu fahren, zu joggen oder zu schwimmen. “Das ist meiner Erfahrung nach sogar wichtiger als Entspannungstraining.”

Schnelle Hilfe aus der Apotheke
Bei akuten Attacken, die nur gelegentlich auftreten und kurz anhalten, schaffen Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Ibuprofen Erleichterung. Achtung:
Solche Medikamente maximal sieben Tage pro Monat anwenden, weil sonst ein Medikamenten-Kopfschmerz entstehen kann! Lindernd wirkt Pfefferminzöl, das auf die Schläfen getupft wird. Auch kühlende Kompressen, Gelkissen oder Gel-Stirnbänder machen die Pein an Stirn und Nacken erträglicher. Die Pads werden in den Kühlschrank gelegt und bei Bedarf kurz unter fließendes Wasser gehalten. Das macht sie für den Gebrauch geschmeidiger.

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